Bürgermeister aus fünf nordhessischen Landkreisen Seite an Seite mit ihrer Landrätin und ihren Landräten
Presseerklärung
Immer weniger eigene Gestaltungsmöglichkeiten, immer mehr unausgeglichene Haushalte: Städte, Gemeinden und Landkreise fordern dauerhafte Entlastungen von Aufgaben, Bürokratie und Vorgaben und eine auskömmliche Finanzausstattung. Das machten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus fünf nordhessischen Landkreisen Seite an Seite mit ihrer Landrätin und ihren Landräten heute in Wiesbaden deutlich und forderten vom Land Unterstützung durch Entlastung von bürokratischen Vorgaben und kostentreibenden Standards. Dass das Thema auch andernorts unter den Nägeln brennt, zeigt der spontane Zuspruch von Kommunen aus anderen hessischen Landkreisen zur Veranstaltung in Wiesbaden.
„Steigende Transferleistungen nach den Sozialgesetzbüchern des Bundes und wachsende Krankenhausdefizite reißen schnell wachsende Löcher in die Kreishaushalte,“ beklagte namens ihrer nordhessischen Amtskollegen Nicole Rathgeber, die Landrätin des Werra-Meißner-Kreises. Die Landkreise finanzieren die ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben überwiegend durch die Kreisumlage, die die Städte und Gemeinden zahlen müssen. „Für Landkreis, Städte und Gemeinden ist die finanzielle Decke dann einfach viel zu kurz!“
„Was Bund und Land an Mitteln zur Aufstockung der Kommunalfinanzen geben, reicht nicht mal für die vielen Pflichtaufgaben. Folge sind wachsende Haushaltslöcher und steigende Grundsteuern,“ schildert Klaus Missing, Bürgermeister von Nieste im Landkreis Kassel die Probleme: „Denn die Städte und Gemeinden sind zunehmend die Geldeintreiber für Aufgaben, die Bund und Land den Kommunen vorgeben.“ ergänzt er weiter.
„Fördergeld kann für die Städte und Gemeinden ganz schön teuer werden: Vorgaben zu Verfahren und Ausführung sorgen meistens dafür, dass die Kosten für den Steuerzahler deutlich steigen – etwa wenn für die Erneuerung eines Spielplatzes ein umfassendes Nutzungskonzept mit Plänen, Bedarfsanalysen, Nachhaltigkeitsstrategien, Bürgerbeteiligung und der Darstellung aller Folge- und Betriebskosten erarbeitet werden muss, bevor überhaupt sichergestellt ist, dass es die Fördergelder am Ende auch wirklich gibt,“ sagt Finn Thomsen, Vorsitzender der Bürgermeister-Kreisversammlung Werra-Meißner.
„Viele vorgegebene Standards gehen weiter, als man es vielerorts für ein ordentliches kommunales Angebot bräuchte,“ bestätigt für die Kreisversammlung im Landkreis Waldeck-Frankenberg der Battenberger Bürgermeister Christian Klein.“ Öffentliche Spielplätze werden seit Jahren durch Sicherheitsvorschriften z.B. im Bereich des Fallschutz immer aufwändiger und damit teurer. Im heimischen Garten steht dann im Gegensatz zum öffentlichen Spielplatz völlig problemlos und kostengünstiger in Errichtung und Unterhaltung, aber ebenfalls unfallfrei genutzt ein DIN-genormtes Spielgerät auf der grünen Wiese“.
Auch in Kitas gebe es hohe einheitliche und ständig steigende Standards, beklagt Thomas Rohrbach aus dem Kreis Hersfeld-Rotenburg. Dies betrifft den Neubau und auch den Betrieb der Kitas. Zur Erfüllung der Standards mussten die Personalwochenstunden bei gleichbleibenden Kinderzahlen in den letzten fünf Jahren um knapp 20 % erhöht werden, der Landeszuschuss hat sich nur minimal angepasst, während der von der Marktgemeinde Niederaula zu tragenden Kostenanteil sich verdoppelt hat. Hier muss das Land dringend umsetzbare und bezahlbare Mindest-Standards definieren und sich an den steigenden Kosten anteilig mit dem ursprünglich angedachten Drittel der Gesamtaufwendungen beteiligen, aktuell liegen wir bei einem 1/6“ sagte Rohrbach.
Die unpassende Einheitsgröße beklagte am Beispiel der Feuerwehren auch sein Amtskollege Luca Fritsch aus dem Schwalm-Eder-Kreis. „Feuerwehrhäuser dürfen nicht nach wenigen Jahren schon als veraltet gelten. Wir brauchen realistische Standards und einen verbindlichen Bestandsschutz. Es geht nicht um Luxus, sondern um funktionale Gebäude, die den Einsatzkräften sowie dem Bevölkerungsschutz dienen und bezahlbar bleiben. Mit landesweit einsetzbaren Musterlösungen und seriellen Bauweisen können wir Kosten senken – ohne bei Sicherheit und Qualität Abstriche zu machen.“
In anderen Bereichen, insbesondere bei der Digitalisierung von Verwaltungsleistungen, wäre eine landeseinheitliche Standardlösung sinnvoll, die dann alle Anforderungen berücksichtigt, von Datenschutz bis Cybersicherheit.
Der Landtag habe gerade einen Haushalt mit zu geringen Mitteln für die Kommunen beschlossen, aber auch einige positive Punkte in den Kommunalgesetzen geregelt. „Die Vereinfachungen im Kommunalrecht können nur ein allererster Schritt sein. Wo zuwenig Geld fließt, gehören die Anforderungen in der ganzen Breite der Aufgaben schnell und wirksam gesenkt,“ so die nordhessischen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker.
„Die Städte und Gemeinden sind zunehmend die Geldeintreiber für Aufgaben, die Bund und Land den Kommunen vorgeben. Das bezahlen alle über höhere Grundsteuern; Zucker aus Berlin und Wiesbaden und der Schwarze Peter bei den Kommunen,“ schildert Luca Fritsch.
Man habe jetzt dem Land konkrete Handlungsvorschläge für weitere Vereinfachungen und Entlastungen dringend ans Herz gelegt. „Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker sind normalerweise umsetzungs- und lösungsorientiert. Wir wollen gemeinsam schnelle und umfassende Lösungen entwickeln,“ heißt es aus Landratsämtern und Rathäusern.